Urteil des BVerfG zum Klimaschutzgesetz – Kommentar

Kommentar zum Urteil des BVerfG zum Klimaschutzgesetz

Ich habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) gefeiert! Hier der Kern des Urteils:

„Das verfassungsrechtliche Klimaschutzziel des Art. 20a GG ist dahingehend konkretisiert, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur dem sogenannten „Paris-Ziel“ entsprechend auf deutlich unter 2°C und möglichst auf 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um das zu erreichen, müssen die nach 2030 noch erforderlichen Minderungen dann immer dringender und kurzfristiger erbracht werden. Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht sind. Der Gesetzgeber hätte daher zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten abzumildern.“ Hier die Pressemitteilung und der Beschluss im Original.

Nach all den Jahren der GroKo wo sich in Sachen Klimaschutz nur durch den Druck der Straße ab und zu mal was in die richtige Richtung bewegt (Vielen Dank an Fridays for Future!). Dem von der Bundesregierung 1972 selbst geschaffenen Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) keine Beachtung geschenkt wird, obwohl dieser erst 2020 wieder aufgezeigt hat a) welches CO2-Budget Deutschland noch hat b) wie Paris-konforme Umsetzung der Klimaziele aussehen kann, war dieses Urteil des BVerfG überfällig! Es ist ganz klar: Es fehlt nicht am Wissen über die Klimakrise und Möglichkeiten was zu tun wäre, es fehlt am politischen Willen der Regierung diese, durchaus nicht angenehmen, Aufgaben auch anzugehen. Auch klar ist hierbei, es geht auf Kosten der jungen Generation, wenn nichts oder wie zur Zeit, viel zu wenig getan wird. Statt jetzt schnell die Emissionen zu senken wird ein Kohleausstieg bis 2035/38 vereinbart. Hierzu passt eigentlich nur „Nach uns die Sintflut“ als Beschreibung. Wenn sich dann Hr. Altmeiner hinstellt und sich beim BVerfG bedankt, für die Chance jetzt mehr Generationengerechtigkeit bei der Klimagesetzgebung machen zu können, kann ich dies nur als weitere Verhöhnung der jungen Menschen ansehen! Damit das nicht nur „die Grünen“ sagen, hier mal ein aktueller Beitrag von „Bericht aus Berlin“.

Ministerpräsidet Söder steht Hr. Altmeier aber kaum nach, nennt das Urteil „wuchtig, aber richtig“ will das, von seiner Regierung vor fünf Monaten unter kompletter Ignorierung sämtlicher Eingaben von Fachverbänden, verabschiedete bayerische Klimagesetz (also die fast leere Hülle ohne, die jetzt von Karlsruhe eingeforderten langfristigen Zahlen) nun „Generalrenovieren“. Ich hatte damals schon darauf hingewiesen, dass das Gesetz seinen Namen zu Unrecht trägt und eine Pressemitteilung, dass die Staatsregierung mehr für den Klimaschutz machen will genauso (wenig) zielführend gewesen wäre. Tinos und mein Artikel ist hier zu finden, mit vielen Presseartikeln und den Eingaben von den Verbänden, weiter unten auf der Seite, dann auch nochmal wie eine Paris-konforme Umsetzung aussehen kann.

Wer mehr zum „Klimaschutz“ in den letzten Jahren wissen will findet es, satirisch aufbereitet, bei der ZDF-Sendung „Die Anstalt“:
In der Folge 43 „Die MS Deutschland ist nicht auf Klimakurs“ Komplette Sendung passt zum Thema
Folge 46 „Der Klimagipfel und das EEG-Paradoxon“ ab Minute 30:44
Folge 59 „Alle Affären der Union auf einer Tafel“ Minute 14:30 – 34:15
Zum Thema Energiewende-Verhinderer gibt es außerdem diese schöne Grafik.

In Folge 46 von „Die Anstalt“ bekommen auch die Grünen ihr Fett weg. Das ist gerechtfertigt. Nur sind wir halt eine Partei, bei der die Basis das letzte Wort hat. Beim Bundesparteitag im November 2020 lautet der Vorschlag der Parteiführung, das 2°C-Ziel als Zielsetzung für die grüne Politik zu nehmen. Jedoch gab es einen Antrag der Parteibasis, nicht an dem 1,5°C-Ziel von Paris zu rütteln. Dieser wurde dann auch angenommen und steht nun im Wahlprogramm als Grundlage unserer Politik. Aus dem Entwurf des Wahlprogramms: „Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-Pfad führen.“

Um den Realitätsabstand der bisherigen Klimaschutzpolitik mal an einem konkreten Beispiel zu zeigen, lässt sich gut der CO2-Preis verwenden.
Beschlossen sind ab 2021 25 €/t CO2, bis 2025 55-65€/t CO2.
Das Umwelt Bundesamt (UBA) schreibt zu den anzusetzenden Kosten für CO2:

„Wir empfehlen die Verwendung eines Kostensatzes von 195 €2020 / t CO2 äq für das Jahr 2020 bei einer Höhergewichtung der Wohlfahrt heutiger gegenüber zukünftigen Generationen und eines Kostensatzes von 680 €2020 / t CO2 äq bei einer Gleichgewichtung der Wohlfahrt heutiger und zukünftiger Generationen.“ („äq“ steht für Äquivalent, da andere Treibhausgase in CO2- Äquivalente umgerechnet werden)

Bei all dem was die letzten Jahre nicht oder in die falsche Richtung lief, ist das so Urteil des BVerfG nun um so wichtiger.
Genau um diese „zukünftigen Generationen“ geht es in dem Urteil. Würden wir Klimaschutz also ernst nehmen, wäre der Preis für CO2-Verschmutzung über 27 Mal so hoch wie er jetzt ist. Daher hat die Ankündigung von Hr. Dobrindt, dass die jetzige Generation die Hauptlast tragen soll und der CO2-Preis auf 45€ im nächsten Jahr angehoben werden soll, für weiteres Kopfschütteln bei mir gesorgt. Diese Aussage hat mit der Realität nichts zu tun, siehe die oben genannten Zahlen des UBA.
Ich bin gespannt wie die Regierung das in ihre Änderung am Klimaschutzgesetz umsetzen will. Die Ziele wurden am 12.05.21 nun vorgestellt, was jedoch fehlt und das ist das Entscheidende, es sind die Maßnahmen, wie diese Ziele erreicht werden sollen, sowie ein verbindliches Restbudget an CO2, das wir noch ausstoßen dürfen. Sprich bisher mal wieder nur viel heiße Luft.

Link zum Gesetzesentwurf
Link zum ergänzenden Klimapakt Deutschland

Auch der „Klimapakt Deutschland“ enthält keine konkreten Etappenziele, wann was umgesetzt sein soll oder wie stark. z.B. der Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigt werden soll. Lustig ist der Punkt: „Zur Finanzierung eines Teils der Ausgaben für den Klimaschutz wird der Abbau klimaschädlicher Subventionen geprüft“.
Laut EU-Beschluss von 2010 sollen die klimaschädlichen Subventionen bis 2020 auslaufen. Da das irgendwie nicht so ganz ernst genommen wurde, gibt es jetzt einen schärferen Beschluss, dass sie 2025 auslaufen sollen. Den Satz hätte man sich im Klimapakt schenken können, ist eh schon Pflichtaufgabe. Wir reden da übrigens über mehr als 50 Mrd. €/Jahr, die wir Steuerzahler aufbringen und dadurch die Klimakrise verschärfen.

Fazit:
Nur reden und (fast) nichts machen führt in eine schwere Klimakrise und bestraft die nächsten Generationen und nimmt ihnen ihre Chancen ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Da sollen die anderen Parteien die Grünen ruhig weiter „Verbotspartei“ nennen. Das Urteil des BVerfG zeigt eines, wir sind die Freiheitspartei (Stichwort – intertemporale Freiheitssicherung), die sich der Realität stellt, auch wenn es unbequem ist, und somit auch den jungen Menschen und deren Nachkommen ein gutes Leben ermöglicht. Dies bedarf eben auch jetzt schon entschiedenen Maßnahmen. Dafür stehen wir Grüne.

Benjamin Brand, Sprecher AK Kommunale Energiewende
benjamin.brand@gruene-kleinostheim.de