Die erste Kreistagssitzung als zweitstärkste Kraft 15. Mai 2020 Die erste Kreistagssitzung als zweitstärkste Kraft Die beiden Wahlverlierer im Landkreis Aschaffenburg CSU (-6 Sitze) und SPD (-6 Sitze) haben aus der Not keine Tugend gemacht und dem Wahlgewinner GRÜNE (+ 5 Sitze) für die Stellvertretung des Landrates leider keinen einzigen Sitz zugestanden. Obwohl wir Grüne zweitstärkste Fraktion sind und der Wähler*innen-Wille somit deutlich war, haben CSU und SPD alles unter sich ausgemacht. Auch das aktuell übliche Auszählverfahren (Sainte-Lague/Schepers), das bei der Kommunalwahl zur Anwendung kam, wurde dank der schwarz-roten Mehrheit bei der Ausschussbesetzung nicht angewandt, sondern das Hare-Niemeyer-Verfahren. Ergebnis: In allen 14-Ausschüssen profitiert die CSU mit einem Sitz mehr zu Lasten der GRÜNEN. Nur um mal das Verhältnis zu verdeutlichen: Die CSU hat mit etwas mehr als das Doppelte unserer Stimmenprozente das dreifache der Sitze von uns Grünen, also sechs und wir zwei. Auch beim Verwaltungsrat der Sparkasse schanzten sich die beiden Parteien die Sitze zu. Politische Fairness sieht anders aus! Dennoch geht`s jetzt richtig los. Wir haben tragfähige Konzepte, viele gute Ideen und sind trotzdem motiviert. Diese sogenannte „große Koalition“ werden wir 13 GRÜNE noch in Schwingung bringen. Wir werden jedes Wahlversprechen aufgreifen und bei Themen, wie klimaneutraler Landkreis, besserer ÖPNV, Radwege-Konzept, zukunftsorientierte Mobilität, soziale Gerechtigkeit und vielem mehr konkretes Handeln einfordern. Wie wichtig der SPD das Busfahren wirklich ist, wurde schon in der ersten Kreistagssitzung deutlich. Nachdem man sich im Wahlkampf geschlossen und plakativ in einem Bus fotografieren ließ, war die Antwort auf unseren Antrag den ÖPNV auch bezüglich der Anreise der Kreisrät*innen mehr zu fördern nur: „Wir lassen uns das Auto doch nicht verbieten!“ Von daher gehen wir davon aus, dass die Mehrheit der SPD-Fraktion einen Bus erst wieder vor der nächsten Wahl von innen sieht. Eigentlich fing alles ganz gut an Am Montag, dem 11. Mai 2020, war es soweit. Um 14 Uhr startete die konstituierende Sitzung des Kreistages im Kultur- und Sportpark Hösbach. Alle Kreisrät*innen nahmen jeweils an einem eigenen Tisch mit Mikrofon Platz und bekamen einen Stift mit dem eigenen Namen, sowie erste Unterlagen, darunter ein 293-seitiger Haushaltsplan und einem dicken Wälzer mit der „Gemeinde-, Landkreis und Verwaltungsgemeinschaftsordnung für den Freistaat Bayern“. Nett war, dass die Frauen einen kleinen Blumenstrauß am Platz hatten, die Männer durften sich am Ende dann beim Blumenschmuck der Halle bedienen. Die Stimmung in der Halle war coronabedingt wegen der Regeln etwas seltsam, vor dem Saal galt Mund/Nasenschutz, drinnen zogen wir die Masken ab. Doch wir waren trotz allem guter Dinge und freuten uns auf die Sitzung. Die Eröffnungsansprache nutzte der neue Landrat Dr. Alexander Legler nach vielen Danksagungen zu einer Darstellung der geplanten inhaltlichen Arbeit. Stichpunkte wie das Ziel klimaneutraler Landkreis, eine Verbesserung beim ÖPNV, mehr zu tun für die Fahrradinfrastruktur, die Herausforderungen beim Krankenhaus zu stemmen und die Auswirkungen der Coronaproblematik in vielerlei Hinsicht zu meistern, hörten wir gerne. Er hat vieles vor, was auch uns wichtig ist, doch Ankündigen ist ja stets das Eine und das reelle Umsetzen das Andere. Wir sind jedenfalls fest entschlossen, ihn beim Wort zu nehmen, politisches Handeln für eine gute Zukunft einzufordern und unseren konstruktiven Beitrag zu leisten. Erste Erfolge: Unsere Vorstellungen von der Themenaufteilung des bisherigen Umweltausschusses in zwei große Ausschüsse und die Etablierung eines Gremiums zum Themengebiet Digitalisierung wurden schon im Vorfeld breit akzeptiert und stand in der Vorlage zur neuen Geschäftsordnung des Kreistages. Deswegen fand diese Geschäftsordnung trotz einiger von uns kritisierten Punkte auch unsere allgemeine Zustimmung. Ergänzende Anträge der FDP, von denen wir einige in der inhaltlichen Stoßrichtung unterstützten, fanden leider keine Mehrheit im Kreistag. Die Auswirkungen der „Koalition“ von CSU und SPD Wie schon eingangs geschildert war es der CSU im Vorfeld der Sitzung gelungen die SPD mit Postenzusagen an sich zu binden. Da man offenbar auch inhaltliche Dinge besprochen hat, sind wir mal sehr gespannt, wie und wann diese nun konkret werden. Die neue Koalition zeichnete sich schon bei den ersten Debatten um die Geschäftsordnung (GO) des Kreistages ab, dank dieser schwarz-roten Verbindung wurden alle Änderungsanträge zur GO von FDP und uns abgelehnt. So hatten wir auch anschließend bei den Stellvertreter*innen des Landrates mit unserer sehr qualifizierten Kandidatin Christine Scheel keine Chance. Die teilweise Unterstützung von u.a. von Freie Wählern, FDP und dem einen Linken war erfreulich, reichte aber bei keiner Abstimmung aus. So gibt es nun – zusammen mit dem Landrat – drei CSUler und einen von der SPD vorgeschlagenen Stellvertreter, der allerdings parteilos ist, die den Landkreis in ihren Rollen nach außen repräsentieren. Viele Wähler*innen sind sicher enttäuscht, dass sich die beiden Wahlverlierer in dieser Zweckgemeinschaft gefunden und sich alles gegenseitig zuschoben haben. Trotzdem möchten wir an dieser Stelle Andreas Zenglein, Friedrich Fleckenstein und Claudia Papachrissanthou zu Ihren Ämtern gratulieren. In den großen Ausschüssen (14) haben wir nun jeweils 2 Sitze. Wäre das Auszählverfahren der Kommunalwahl zugrunde gelegt worden, hätten uns 3 Sitze zugestanden. Überraschenderweise wurde allerdings unser Vorschlag, Sylvia Hein in den Aufsichtsrat des Klinikums zu berufen, auch von einer großen Mehrheit im Kreistag unterstützt. Offenbar hat die unübersehbare Qualifikation (Stationsleiterin) unserer Fraktionsvorsitzenden den Ausschlag dafür gegeben. Nun sind alle Ausschüsse personell besetzt und die inhaltliche Arbeit kann beginnen. Erhöhung Entschädigungspauschalen In der ersten Sitzung des neuen Kreistages wurde übrigens eine Erhöhung der Entschädigungspauschale und der Sitzungsgelder für die Mitglieder des Kreistages gegen die Stimmen von uns Grünen beschlossen. Angesichts der ungeheuren Herausforderung für alle öffentlichen Kassen aufgrund der Corona-Pandemie erschien uns das als falsches Zeichen. Zudem setzten wir uns dafür ein, dass gerade die Kreistagsmitglieder in Sachen Öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) mit gutem Beispiel voran gehen sollten. Wir schlugen deshalb vor, dass man anstatt der Fahrtkostenerstattung ein VAB-Netzticket oder Ähnliches überlegen könnte. Aber auch dies Ansinnen fand keine Unterstützung, es war sogar die Rede davon (von einer Kreisrätin der SPD), man ließe sich doch das Autofahren nicht verbieten. Keine Sorge liebe Kolleg*innen: Autofahren bleibt erlaubt, wir wollen aber konsequent den öffentlichen Nahverkehr fördern und nicht nur darüber reden. Resümee Leider waren wir als einzige Fraktion auch noch Corona-eingeschränkt und mussten zwei Ausfälle verkraften, so dass wir nur zu elft an der Sitzung teilnehmen konnten. Die mehrheitlich neuen Mandatsträger*innen waren teils enttäuscht über die schwarz-rote Abstimmungswand, insgeheim hatte man sich doch gewünscht, dass die ein oder der andere Kreisrätin/Kreisrat nicht nach Parteibuch, sondern nach seinem Gewissen abstimmt. Dafür war die Stimmung unter uns – und auch die spontane Abstimmung untereinander – sehr angenehm und gut. Die Beteiligung war lebhaft, fast jede/r von uns leistete einen Beitrag, stellte einen Antrag vor oder beteiligte sich an der Debatte. So kann das gerne weitergehen. Und weil dann am Ende ein paar Kolleg*innen von der CSU munkelten, dass man mit uns ja gar nicht hätte reden können, weil wir die erste Stellvertretung des Landrates gefordert hätten, sei denen und allen anderen, die es interessiert gesagt: Ja, das wäre unsere erste Vorstellung gewesen, mit der wir in eventuelle Verhandlungen gegangen wären. Allerdings hat es weder Verhandlungen noch intensivere Gespräche mit der CSU gegeben. Ganz im Gegenteil, wir haben drei Mal von uns aus die CSU kontaktiert und transparent unsere Erwartungen geschildert. Eine Diskussion darüber, einen Kontaktversuch seitens der CSU oder gar den angekündigten Rückruf hatte es nicht gegeben. Also bitte keine Legendenbildung liebe Kolleg*innen. Übersicht aller Grünen Kreisrät*Innen {phocagallery view=category|categoryid=19|limitstart=0|limitcount=30}