Mehr Verkehr oder lieber mehr Mobilität?

 

 

Unterfrankens Grüne streben eine andere Verkehrspolitik an

Würzburg Drei Tage lang (27.29.01.2012) sprachen die unterfränkischen Grünen über die aktuelle und zukünftige Verkehrssituation – nicht nur im Bezirk. Kompetente Informationen holten sie sich dabei von den verkehrspolitischen Sprechern der Grünen im Bundes-­und Landtag, Dr. Anto n Hofreiter und Thomas Mütze. Einig war man sich schließlich darin, dass im gesamten Bezirk, aber auch darüber hinaus, Strukturen geschaffen werden müssen, die verkehrsarm sind, dafür aber Mobilitätsreichtum bieten. „Mobil ist, wer sich barrierearm von A nach B bewegen kann. Städte, die für alle Menschen mobilitätsreich und verkehrsarm gestaltet sind, sind unser Ziel“, so die Bezirksgrünen in einer Pressekonferenz am Mittwoch.

 

Über viele Jahre hinweg wurde unverhältnismäßig viel Geld in den Neubau von Straßen investiert. Dabei wurde nicht bedacht, dass die Unterhaltskosten mit jeder neu gebauten Straße steigen. Allein 100 Millionen Euro würden heute für die Instandhaltung des bayerischen Straßennetzes benötigt“, wusste MdB Toni Hofreiter zu berichten. 40 Prozent der bayerischen Straßen stünden aufgrund ihres Zustandes unter Beobachtung, 12,5 Prozent der Staatsstraßen seien sehr gefährdet. Einer der Gründe für den zum Teil maroden Zustand des Straßennetzes sei die stake Zunahme des Güterverkehrs. Ein „weiter so“ würde unweigerlich zu einem Kollaps im Güterverkehr führen. Die Folgen wären fatal, denn in einem Exportland wie Deutschland hängt der Wohlstand zu einem großen Teil vom Transport bzw. Export von Gütern ab, so Hofreiter.

 

Allein für Unterfranken sind derzeit 71 Straßenbau-­Projekte für über 400 Millionen Euro in Planung. Diese Planungen müssen gestoppt und keine neuen in den Staatsstraßen-­Ausbauplan aufgenommen werden“, ergänzte MdL Thomas Mütze. Projekte, die sich gerade im Bau befinden, sollen natürlich fertiggestellt, weisen die Grünen ein grundsätzliches „Wir-­sind-­dagegen“ von sich, fordern aber ein Moratorium, in dem alle in der Planung befindlichen Projekte neu bewertet werden sollen.Unser Schienennetz hat sich seit den Zeiten König Ludwigs nicht maßgeblich verändert“, kritisierte Hofreiter auch die Deutsche Bahn. Im intelligenten Ausbau des Schienennetzes sehen die Grünen ein großes Potenzial. Damit sind allerdings keine Prestigeobjekte wie die I C E-­Strecke zwischen Nürnberg und Erfurt gemeint, die das gesamte Budget für Ausbau und Erneuerung verschlinge. „Darunter leiden alle anderen notwendigen Projekte im bayerischen Schienennetz“, unterstrich Mütze.

Den Fokus einer zukünftigen und vernünftigen Verkehrspolitik legen die Grünen eindeutig auf die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene. „Die Strategie der 50-er und 60-er Jahre geht heute nicht mehr auf. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem ein Straßenneubau keinen weiteren Nutzen bringt, brachte die Bezirksvorsitzende Eva Pumpurs eine Abkehr von der heutigen Verkehrspolitik ins Spiel. „ Der Neubau von Autobahnen sowie Staatsstraßen ist künftig auf das Minimum zu reduzieren. Auch wollen wir keine Gigaliner auf unseren Straßen. Nicht nur der CO2-Ausstoß würde sich sonst in erheblichem Maße vergrößern, sondern auch die Straßenabnutzung.“

Überzeugt sind die Grünen allerdings auch davon, dass der Individualverkehr neben einem gut ausgebauten ÖPNV auch weiterhin bestehen wird, fordern allerdings Alternativen zum Auto mit Verbrennungsmotor. Dabei seien andere Antriebsformen der Autos ebenso gefragt wie auch andere Verkehrsmittel, zum Beispiel Fahrräder oder Pedelecs (E-bikes). Helfen würde hier natürlich auch ein Umdenken in Bauämtern der Kommunen: Die Ortszentren müssen wiederbelebt werden. Dies verkürzt Wege, lässt unsinnige Autofahrten wegfallen und hilft, das oftmals schon nahezu verwaiste Ortszentrum wieder erblühen zu lassen. An zentralen Orten – vor allem natürlich in den Städten – sollten Standorte für Mietfahrräder/Pedelecs/E-Mobile errichtet werden. Hier dürfe es nicht bei Modellprojekten wie der Elektromobilitätsstadt Bad Neustadt bleiben, die sich die Grünen am Projekt-Wochenende von Bad Neustadts Bürgermeister Bruno Altrichter vorstellen ließen.

Große Chancen sehen die Grünen in der Elektrifizierung des Schienenverkehrs und nannten hier beispielweise die Saale-Tal-Bahn oder auch die Maintalbahn. Der Strom dafür müsse selbstverständlich aus Wasser- und Windkraft sowie Sonnenenergie gewonnen wird.

Unabdingbar ist auch ein Ausbau des ÖPNV“, forderte Eva Pumpurs und ergänzte, dass dieser künftig barrierefrei ausgerichtet werden müsste. Bezirksvorsitzender Martin Heilig ging auf das „regionale Problem“ der B26n ein: „Auch, wenn die Wahrscheinlichkeit gesunken ist, dass die B26n gebaut wird, steht sie noch immer im Bundesverkehrswegeplan. Wir wollen die B26n aus diesem Bundesverkehrswegeplan streichen.“ Heilig plädiert dafür, die Planungen einzustellen. „Zukünftig sollten für solche Projekte runde Tische eingeführt werden, bei denen mit den Bürgerinnen und Bürgern Lösungen für lokale Verkehrsprobleme gefunden werden,“ so Heilig. Anstelle der B26 befürworten die unterfränkischen Grünen einen regionalen Ausbau der A3. Das sei der einzig sinnvolle Weg, die Verkehrsströme intelligent durch Unterfranken zu lotsen.

Pressesprecher Matthias Lewin