Halbjahresbilanz Bundesvorstand 26. Juli 2010 Berlin, 19. Juli 2010 Liebe Freundinnen, liebe Freunde, bevor es in die Sommerpause geht wollen wir Bilanz ziehen und Euch unsere Planungen für das zweite Halbjahr vorstellen. Turbulente Ereignisse wie die Krise des Euro und zahlreiche Rücktritte sowie eine miserable Leistung der Bundesregierung haben die Wahrnehmung von Politik und Parteien in den vergangenen Monaten geprägt. Neben unserer Rolle als Oppositionskraft haben wir Grüne in dieser Zeit einiges bewegt: ein sehr gutes Wahlergebnis und grüne Regierungsbeteiligung in NRW, eine historische Menschenkette gegen Atomkraft zwischen Krümmel und Brunsbüttel, eine unverhoffte Bundespräsidentenwahl mit einem tollen Kandidaten, einen gewonnenen Volksentscheid für einen konsequenten Nichtraucherschutz in Bayern und einen Volksentscheid in Hamburg über die Einführung der Primarschule, den wir trotz eines breiten, gesellschaftlichen Bündnisses leider nicht für uns entscheiden konnten. Dazu kamen grüne programmatische Debatten wie zum Beispiel auf unserem Bildungskongress und auf der Bundesfrauenkonferenz im Vorfeld der NRW-Wahl, auf Konferenzen zur Positionsbestimmung über grüne Nahostpolitik, über Instrumente zur Stabilisierung des Euro sowie über Fragen des Wachstums. Wir Grüne genießen derzeit Unterstützung für unsere Politik wie nie zuvor in unserer 30jährigen Geschichte. Wir werden weithin als glaubwürdiger und verantwortungsbewusster Stabilitätsanker in einer zunehmend desorientierten und aufgefächerten Parteienlandschaft wahrgenommen. Demgegenüber steht auf Seiten der Bundesregierung chaotische Klientelpolitik zwischen Wachstumsbeschleunigungsgesetz und Sparpaket. Für uns Grüne ist das ein Auftrag, mit dem Zuspruch für unsere Politik gesellschaftliche Mehrheiten zu suchen und Gestaltungsansprüche zu erheben. Nordrhein-Westfalen ist in dieser Hinsicht ein großer Erfolg, zu dem wir Sylvia Löhrmann und über 11 000 grünen Mitgliedern ganz herzlich gratulieren! Die Wahl in NRW hat gezeigt: Unsere Eigenständigkeit ist das grüne Erfolgsrezept. Sie beruht auf einem klaren grünen Standpunkt und einer eindeutigen grünen Identität. Wir Grüne wissen, wo wir stehen, und die Menschen wissen, was sie von uns erwarten können. Sie sehen in uns die glaubwürdigste Partei und können darauf vertrauen, dass wir nach Wahlen das umsetzen, was wir vor Wahlen versprechen. Und sie bedeutet, dass wir Grüne das Notwendige und das Mögliche immer wieder neu ausloten. Um diesem hohen Anspruch weiter zu genügen, ist es in den kommenden Monaten unsere Aufgabe, auf Basis unseres Programms vom letzten Jahr die grüne Programmatik weiter zu schärfen und bestehende Kontroversen offen auszutragen. 18 Prozent Zustimmung in Umfragen sind ein Vertrauenssignal und Aufforderung, an unserem Kurs festzuhalten und ihn weiterzugehen, mutig zu sein und radikal im Denken, sachorientiert und verantwortungsbewusst in der Umsetzung. Wachsende Zustimmung bedeutet nicht, dass wir es allen Recht gemacht haben, Recht machen wollen oder Recht machen müssen. Wir werden weiterhin auch stellvertretend für die Gesellschaft die Debatten führen, die anstehen, und es uns nicht einfach machen mit schnellen Antworten und Positionen entlang des kleinsten gemeinsamen Nenners. Wir haben im nächsten Jahr die historische Chance, erstmals in allen 16 Landesparlamenten vertreten zu sein. Das wird gelingen, wenn wir weiterhin mutig um die besten politischen Lösungen ringen und in der Umsetzung die Menschen mitnehmen. In den nächsten Monaten steht für uns Folgendes auf der Agenda: Auf der BDK in Rostock letzten Herbst haben wir uns unter dem Titel „Grün macht Zukunft“ Hausaufgaben gegeben, an denen wir jetzt arbeiten wollen. Zu den Themen „Ökologie, Ökonomie und globale Gerechtigkeit“, „Auseinanderbrechende Gesellschaft“, „Europa: Quo vadis?“ und „Aufgaben und Herausforderungen der Kommunen“ werden wir Arbeitsgruppen einsetzen, die bis Mitte des kommenden Jahres die aufgeworfenen Fragen bearbeiten und für eine breite, innerparteiliche Debatte aufbereiten. Die Arbeitsgruppe zum Thema „Demokratie“ arbeitet bereits erfolgreich seit März und wird bei einem geplanten Demokratiekongress im März 2011 auf dem Hambacher Schloss erste Ergebnisse zur Diskussion stellen. Im Sommer 2011 werden wir auf einem eintägigen, öffentlichen Zukunftskongress in Berlin die Debatten aller Zukunftsforen bündeln und für die konkrete Programmarbeit sowohl auf der BDK im Herbst 2011 als auch in Richtung 2013 ausrichten – mit anschließendem Sommerfest. Für die BDK in Freiburg im November planen wir neben den Vorstands- und Parteiratswahlen folgende Themenschwerpunkte: Wir wollen über die schwierige Lage der Kommunen in Deutschland und über Konzepte zur Rettung öffentlicher Institutionen und zur Stärkung des Gemeinwesens auf kommunaler Ebene debattieren. Wir wollen in Fortführung des Beschlusses auf dem Länderrat in Köln über die Weiterentwicklung der grünen Gesundheitspolitik diskutieren und einen Beschluss zur grünen Nahostpolitik fassen. Schließlich wird uns das Energiekonzept der Bundesregierung beschäftigen und unsere Antworten auf die mögliche Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Wir danken Euch für Euren unermüdlichen Einsatz in den vielen Wahlkämpfen der letzten Zeit und für mehr grüne Politik vor Ort. Und wir sehen uns dann zu den großen Demonstrationen am 11. September 2010 in Berlin für mehr Datenschutz unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ sowie gegen Atom in Stuttgart (24. Juli), Berlin (18. September) und Gorleben (Anfang November). Wir wünschen Euch schöne Sommertage, gute Erholung und einen grünen Herbst! Herzliche Grüße Eure Claudia und Cem